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„Ich war wie neu geboren; mir war, als sei ich eben erst erschaffen worden.“
– Johann Wolfgang von Goethe
Diese Worte Goethes klingen in mir nach, wenn ich auf dem Weg von Einsiedeln nach Schwyz unterwegs bin – ein Pfad, den ich schon oft gegangen bin und der mir jedes Mal aufs Neue das Herz öffnet. Die sanften Hügel, die stillen Seen, die majestätischen Mythen – sie stehen wie steinerne Wächter im Zentrum der Schweiz.
Das Foto zeigt den Blick von der Rigi aus – jenem Ort, an dem auch Goethe stand. Von hier aus öffnet sich der Blick über den Vierwaldstättersee, die Innerschweizer Voralpen bis hin zu den fernen Alpengipfeln. Es ist ein Ort von tiefer Symbolkraft – für Goethe, für mich und vielleicht für viele andere, die hier stehen und schweigen.
Goethe beschreibt seine Reise zur Rigi mit ehrfürchtiger Klarheit:
„Der Weg zur Haggenegg war beschwerlich, doch die Aussicht von der Rigi entschädigte für alle Mühen. Ich sah mich um, und mir war, als hätte ich das Herz der Schweiz vor mir.“
Doch nicht nur Goethe liess sich von dieser Landschaft verwandeln – auch Friedrich Schiller fand darin Inspiration. In seinem Gedicht „Der Spaziergang“ heisst es:
„Sey mir gegrüsst, mein Berg mit dem röthlich strahlenden Gipfel,
Sey mir, Sonne, gegrüsst, die ihn so lieblich bescheint.“
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Goethes Rigi-Reise in „Dichtung und Wahrheit“
Goethes Reise in die Schweiz – und damit auch zur Rigi – ist im 18. Buch seiner autobiografischen Schrift „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ festgehalten. Dort schildert er seine Eindrücke einer Unternehmung mit den Brüdern Stolberg – eine Reise, die er gegen den ausdrücklichen Rat seines Freundes Merck antrat. Merck befürchtete, dass sich Goethe durch seine adeligen Begleiter von der „Wirklichkeit“ entfernen würde – jener Wirklichkeit, die für Merck den Kern von Goethes Schaffen ausmachte.
Doch Goethe liess sich nicht abhalten. Die Reise wurde für ihn zu einem tiefgreifenden Erlebnis, das er später literarisch verarbeitete. Besonders die Beschreibung des Blicks von der Rigi ist dabei mehr als blosse Naturbeobachtung – sie ist Ausdruck einer inneren Wandlung. Ein Moment, in dem sich Dichtung und Wahrheit berühren.
„Ich sah mich um, und mir war, als hätte ich das Herz der Schweiz vor mir.“
Diese Szene steht exemplarisch für Goethes autobiografisches Konzept: Die äussere Reise wird zur inneren Bewegung, die Landschaft zur Projektionsfläche des Selbst. So wird Dichtung und Wahrheit nicht zu einer nüchternen Lebensbeschreibung, sondern zu einem literarischen Selbstporträt, in dem Erleben und Erzählen auf kunstvolle Weise ineinanderfliessen.
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Taken on Thursday July 17, 2025
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Posted on Saturday August 2, 2025
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9 comments
Xata said:
William Sutherland said:
Admired in: www.ipernity.com/group/tolerance
Günter Klaus said:
Wünsche noch einen schönen Sonntag,liebe Grüße Güni :))
Gudrun said:
Nora Caracci said:
interessante il legame letterario
Esther said:
Gillian Everett said:
Roger (Grisly) said:
A sight to remember!
added to the group www.ipernity.com/group/clouds-and-water
PhLB - Luc Boonen said: