Im Laufe des Nachmittags wurde Delamotte klar, dass sie die ganze Zeit über Zeugnisse aus den letzten zwei Wochen des Lebens von sieben Menschen betrachteten. Man sollte meinen, sinnierte er, dass solche Bilder so etwas wie eine Vorahnung dessen enthielten, was noch kommen würde. Weit gefehlt. Beim nahenden Tod aufgrund schwerer Krankheit mochte das so sein. Aber der Uhu hatte seine Opfer abrupt und unerwartet aus dem Leben gerissen. Aus einem blühenden Leben, wie der Psychologe immer deutlicher spürte.
Fischer in Flanellhemd und Wanderhose, einen Rucksack auf dem Rücken, im Hintergrund war Burg Altenstein zu sehen. Die Bilder aus der Mittelgebirgslandschaft stammten also von dem Versicherungsvertreter. Oudwater beim Darts spielen in einer Kneipe. Ein Sonnenuntergang über dem Meer. Zeugnisse aus einem blühenden Leben.
Eine Winterlandschaft, zwei Kinder und eine Frau machten eine Schneeballschlacht. Wieder das Fußballstadion, Sötenich aus nächster Nähe. Blick vom Hohenzollernufer über den Fluss, nach Einbruch der Dunkelheit. Eines der meistfotografierten Motive von Marßen. Zeugnisse aus einem blühenden Leben.
Eine Reihe Oldtimer auf einer Wiese, bei strahlendem Sonnenschein. Anita Becker mit ihren Mitarbeiterinnen vor dem Salon in Teligrath. Die Abflughalle eines Flughafens – es war nicht der von Marßen, erkannte Delamotte. Ein paar Leute umarmten sich, nahmen Abschied. Zeugnisse aus einem blühenden Leben.
Sötenich und Schwandtke auf der Terrasse, Weißwein oder Schorle vor sich im Glas. Van Bentum – es musste van Bentum sein – im Schneegestöber, vor seinem Auto stehend. Eine große Gruppe Läufer, vermutlich beim Marßen-Marathon. Zeugnisse aus einem blühenden Leben.
Die stählerne Konstruktion des Hauptbahnhofs. Ein Fußballspiel, definitiv keine Profis – eine der Mannschaften trug das Logo von Fischers Versicherung auf dem Trikot. Dorn und Schröder in feiner Abendgarderobe, seitlich war das beleuchtete Opernhaus zu sehen. Beide lächelten, kein gestelltes Lächeln. Ein schönes Paar. Zeugnisse aus einem blühenden…
„Stopp“, rief Marino, „halt das bitte mal an.“ Maas stoppte die Diashow. „Kannst du das auch vergrößern?“, fragte Claudio.
Die Kommissarin nickte: „Sicher – geht es dir um einen besonderen Ausschnitt?“
Marino stand auf und deutete auf den Monitor: „Das hier, dieses Auto – das zweite Auto rechts von Dorn.“
Delamotte blickte genauer hin, offenbar war das Foto auf dem Parkplatz vor der Oper entstanden. Maas ergriff die Maus, Köpfe und Oberkörper der beiden abgebildeten Personen wurden deutlich größer. Dann verschob sich der Bildausschnitt, bis links nur noch Teile von Dorns Arm und seinem Torso zu sehen waren. Dafür standen nun die Autos im Hintergrund im Fokus.
Der zweite Wagen war ein VW Golf mit einem Delamotte unbekannten Kennzeichen. „Verdammt, diese Kiste habe ich schon mal gesehen“, sagte Marino, sichtlich erregt.
„Wann?“, fragte Pesch kurz und knapp.
Marino überlegte: „Heute Vormittag.“
„Kannst du es noch etwas präzisieren, Claudio“, bat Maas.
Marino schloss die Augen: „Auf dem Bild war dieser Malermeister, dieser Sötenich. Mit so einem blau-gelben Schal, ich glaube das sind die Farben von Borussia.“
Delamotte konnte sich an viele Bilder mit blau-gelben Schals und Fahnen erinnern.
„Das haben wir gleich“, sagte Jutta. Sie hatte alle Bilder mehrfach auf dem Computer abgelegt, unter anderem auch in einer eigenen Ordnerstruktur je Opfer. Das hatte ihnen bereits beim ersten Durchgang geholfen. Der Explorer erschien auf dem Monitor, sie öffnete den Ordner von Sötenich. In mehreren Unterordnern waren die Bilder nach Ereignis abgelegt. Einer trug den Titel „Stadionbesuch 26/07/03“. Maas öffnete den Ordner.
„Ich sehe das Bild schon“, erklärte Marino, „es ist in der zweiten Reihe von oben.“ Der Mauszeiger fuhr in die zweite Reihe, und dann von links nach rechts. „Das ist es“, rief Claudio. Delamotte hörte einen Doppelklick.
Karlheinz Sötenich stand ebenfalls auf einem Parkplatz, aber am helllichten Tag. Der Mann, der zwei Tage später das erste Opfer des Uhu werden würde, trug ein blaues Trikot mit dem Schriftzug einer französischen Automarke, und den von Marino erwähnten Schal.
„Scheiße“, murmelte Pesch, „guckt mal direkt rechts hinter ihm.“ Man musste das Foto nicht einmal vergrößern, um zu erkennen, dass es sich um denselben VW Golf handelte, mit demselben Nummernschild.
„Was ist das für ein Kennzeichen?“, fragte Maas.
„Neue Bundesländer, nehme ich an“, antwortete Pesch, „oder irgendwas ganz ländliches, Niederbayern oder Schwarzwald oder sowas.“ Er machte sich eine Notiz und schlug vor: „Lasst uns die Sache jetzt hier mal unterbrechen. Ich kontaktiere die Kollegen bei der Verkehrspolizei und lasse den Halter des Fahrzeugs ermitteln.“ In der Tür blieb der Hauptkommissar stehen: „Klasse gemacht, Claudio. Mir wäre das nicht aufgefallen.“ Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch mal um: „Schade nur, dass der Wagen ausgerechnet einmal bei Sötenich auftaucht und einmal bei Dorn.“ Delamotte verstand den Hinweis – die beiden Parteifreunde waren die einzigen unter den Opfern, die sich zumindest flüchtig gekannt hatten.
„Der Wagen ist auf einen Ulrich Brückner zugelassen“, erzählte Pesch etwas später nach einem Blick auf seinen Notizblock, „geboren 18.04.52 – keine Vorstrafen.“
Sie saßen in Manni Lüttges‘ Büro, Delamotte wollte nachhause, er sehnte sich nach seinem Bett noch mehr als nach einem Glas Wein. Der Fall begann ihn auszulaugen. Dabei hätte Marinos Entdeckung ihn eigentlich elektrisieren müssen.
„Gemeldet ist der Mann in Storkow, das liegt irgendwo südlich von Berlin“, hörte er Pesch sagen.
Maas warf ein: „Ich habe gerade mit Ines Schwandtke und Tanja Schröder telefoniert – keine der beiden kennt den Mann.“
„Also, in den bisher vorliegenden Listen der Schützenvereine taucht der Name nicht auf“, sagte Henseler.
„Übrigens, es gibt noch einen Schießstandbetreiber, der die Daten nicht rausrücken will – dieser hier sitzt in Sonnenthal“, ergänzte Lüttges und fragte, ob er über Ludes einen Gerichtsbeschluss gegen die beiden unkooperativen Betreiber erwirken sollte.
„Das kann warten“, erwiderte Pesch, „ihr habt ja schon sehr viel Material, und im Moment interessiert mich ehrlich gesagt dieser Brückner mehr. Ich habe die örtlichen Kollegen schon angeschrieben – bin gespannt, was da noch rauskommt.“
Als Delamotte am nächsten Morgen zur Bäckerei ging, hörte er am Hauseingang eine vertraute Kinderstimme: „Hallo Markus!“ Er blickte sich um, entdeckte dann in einer der Parkbuchten einen Mercedes, auf dessen Rücksitz Timmy saß. Sein Vater verstaute gerade einen Koffer. „Papa und ich fahren zu Oma und Opa“, erzählte der Junge.
„Was?“, fragte Delamotte. „Nach Montenegro? Da soll es ja sehr schön sein.“
Radi lachte: „Da ist es sehr schön, aber leider fahren wir nicht ganz so weit. Meine Eltern leben bei Stuttgart.“
Brittas Ex schien nicht mehr so kurz angebunden zu sein wie bei ihrer letzten Begegnung. Delamotte wünschte Timmy und seinem Vater eine gute Reise und eine schöne Zeit.
Bertelinckx hatte ihnen alle Informationen zu seinen Aufträgen in Marßen in elektronischer Form übermittelt. Delamotte wertete die Daten aus. Wie der Tontechniker bereits angedeutet hatte, waren einige Kirchen unter den Veranstaltungsorten zu finden. Die meisten davon lagen in der westlichen Hälfte der Stadt. Delamotte fand aber auch verschiedene Musikclubs und die alte Messehalle in Sievermund. Bertelinckx hatte in jedem der letzten zehn Jahre mindestens drei und bis zu acht Aufträgen in Marßen gehabt.
Delamotte verarbeitete die Informationen mit der Grafik-Software, die Henseler ihm nahegebracht hatte. Auch Bertelinckx hatte auf dem Weg zu vielen seiner Aufträge den Autobahnring nutzen müssen. Eine neue Erkenntnis war dies nicht, aber es bestätigte das bereits vorhandene Wissen. Auch das hatte einen Wert.
Er blickte auf die Uhr, es war überraschend spät geworden. Britta sollte bereits zuhause sein. Delamotte steckte vorsichtshalber seinen Schlüssel ein, trat in den Flur und klingelte an der Nachbartür zur Linken. Ein zweites Mal. Ein drittes Mal. Nichts. Vielleicht musste Britta heute länger arbeiten, oder sie war nach der Arbeit noch ausgegangen.
Fast fühlte sich Delamotte wie am Murmeltiertag. Wieder einmal hatte ihn Lüttges angerufen. Wieder einmal würden Manni und Hugo Alvarez ihn abholen, und wieder einmal hatte er rasch ein paar Sachen gepackt. Das Wetter war diesmal anders, fiel Delamotte ein, der im überdachten Hauseingang Zuflucht vor dem morgendlichen Regenschauer gefunden hatte. War für Juli nicht trockenes und heißes Wetter angekündigt worden? Und von der Uhrzeit her war es gut und gerne drei Stunden früher. Und anders als vor dem Trip nach Holland hatte er Britta eine Notiz an die Türe geklebt. Nur für den Fall, dass sie ihn vermisste.
Und diesmal bemerkte Delamotte den A4 schon von Weitem, ging raschen Schrittes durch den Regen und setzte sich auf den Rücksitz. „Guten Morgen“, begrüßte der die Kollegen, „wo geht es denn heute hin? Wieder nach Holland oder vielleicht mal nach Belgien?“
„Noch exotischer“, antwortete Alvarez, „ins Münsterland.“
„Leute, das hier ist keine Vergnügungsfahrt“, sagte Lüttges und reichte Delamotte ein Foto nach hinten. Der Psychologe sah ein schlankes, längliches Gesicht mit flachsblonden Haaren. „Rolf-Rüdiger Jensen, 35, selbständiger Kleinspediteur. Sie haben seine Leiche vorgestern Abend auf der Toilette eines Autobahnparkplatzes bei Münster gefunden. Mit einer Kugel im Kopf. Es hat eine Zeit lang gedauert, bis die Kollegen den Zusammenhang mit unserem Fall erkannten. Jensen lebte in der Nähe von Oldenburg, er war wohl auf dem Heimweg.“
Der Wagen rollte im Berufsverkehr über die Beyeler Autobahnbrücke. Delamotte dachte nach. Wenn Lüttges‘ Vermutung korrekt war, hatte der Uhu mal wieder außerhalb seines angestammten Reviers zugeschlagen.
Warum? War Jensen wieder ein Zufallsopfer, so ähnlich wie der Arzt? War der Täter irgendwo auf dem Ring auf ihn aufmerksam geworden, hatte er den Spediteur spontan verfolgt? Dem Psychologen fiel auf, dass sie dann zumindest hinter Dreieck Sonnenthal vermutlich auf der gleichen Strecke unterwegs sein würden wie der Mörder und sein Opfer. Hatte Jensen auf diesem Parkplatz einfach die erste Pause seither eingelegt, einem biologischen Bedürfnis folgend? Und hatte der Uhu dann kurzentschlossen die Gelegenheit genutzt?
Manches sprach für diese Hypothese. Die Entfernung des Tatorts von Marßen. Der Tatort selber – Autobahnparkplätze waren Ende Juni, mitten in der Reisezeit, auch am Abend stark frequentiert. Noch dazu eine Toilette – der Täter musste doch davon ausgehen, dort nicht ungestört und vor allen unbeobachtet einen Mord begehen zu können. Und sollte er beobachtet werden: seine Fluchtmöglichkeiten waren begrenzt, die Fluchtrichtung zumindest bis zur nächsten Autobahnausfahrt vorgegeben. Ein weiterer Aspekt kam hinzu – seit dem Mord an Gustav Hanelt waren keine zwei Wochen vergangen. Das wirkte alles andere als geplant.
Aber falls es doch geplant war? Weniger als zwei Wochen Abstand zum Mord davor. Ein Tatort weit weg von Marßen. Ein viel höheres Risiko, gesehen zu werden, als bei allen vorherigen Morden. Manni hatte nach dem Mord an Hanelt gemutmaßt, der Uhu drehe vielleicht gerade durch. Das war nicht ganz von der Hand zu weisen. Oder war der Uhu doch ein Spieler?
Vor dem Gebäude der Polizei Münster standen ein älterer Beamter in blauer Uniform und mehrere Männer in Zivil. Der Uniformierte erkannte das Marßener Kennzeichen von Lüttges‘ Audi und winkte den Besuchern zu. Lüttges hielt direkt vor den Männern. Alvarez stieg aus, die örtlichen Kollegen von der Kriminaltechnik würden ihm das Projektil präsentieren. Einer der Kommissare der hiesigen Polizei sollte Lüttges und Delamotte den Tatort zeigen. Ein Zivilbeamter ging auf das Auto zu, während Hugo Alvarez mit den anderen Männern im Gebäude verschwand.
Der Mann aus Münster setzte sich auf den Beifahrersitz, schloss die Türe und blickte Lüttges an. „Nütting, Kriminalkommissar“, sagte er.
Mannis Gesichtsausdruck, den Delamotte im Rückspiegel sah, konnte alles zwischen Verblüffung und Erheiterung bedeuten. „Ich bin Manni Lüttges, hallo“, antwortete er.
Nütting bemerkte, dass auf dem Rücksitz auch jemand saß. Er drehte sich zu Delamotte um und wiederholte seine Grußformel: „Nütting, Kriminalkommissar.“
Delamotte fragte sich, ob der Mann ihn vielleicht für schwerhörig hielt. Aber er beschloss, den örtlichen Gepflogenheiten zu folgen. Er streckte seine Hand aus, die Nütting etwas unsicher ergriff, und sagte: „Hocherfreut. Delamotte, Kriminalpsychologe.“ Er konnte erkennen, dass hinter Nüttings Stirn irgendetwas arbeitete.
Als sie etwa zwanzig Minuten später auf dem Autobahnparkplatz ausstiegen, bemerkte Delamotte, dass Nütting sehr holländisch aussah, holländischer sogar als Bertelinckx, holländischer als jeder Holländer, den Delamotte in seinem Leben gesehen hatte. Das schmale Gesicht, die leicht eckige Kopfform, die vermutlich hochgeföhnte Haartolle – alles an Kriminalkommissar Nütting erinnerte Delamotte an den jungen Rudi Carrell.
„Ich nehme an, Sie möchten den Tatort sehen“, mutmaßte Nütting, an Lüttges gerichtet.
„Nicht ganz“, schaltete sich Delamotte ein, „erst einmal möchte ich sehen, wo das Opfer sein Fahrzeug abgestellt hatte.“
„Natürlich“, murmelte Nütting, und führte sie einige hundert Meter zurück in die Richtung, aus der sie mit dem Wagen gekommen waren.
Als sie vor der abgesperrten Parktasche auf dem für Transporter und Campingfahrzeuge vorgesehenen Teil des Parkplatzes standen, blickte Delamotte in Richtung der Toiletten, die ziemlich weit entfernt lagen. „Gibt es keine Parkflächen für Transporter, die näher an den Toiletten liegen“, fragte er Nütting.
„Nun ja“, erwiderte der Kriminalkommissar, „die Fahrer von Transportern dürfen durchaus die Stellplätze für LKW nutzen, und die liegen den Toiletten viel näher.“
Der Psychologe setzte an, in Richtung der Toiletten zu gehen – die beiden Kriminalbeamten folgten ihm. „Das ist schon auffällig“, bemerkte Delamotte, „Jensen hat eine der ersten freien Parktaschen genutzt, und ist dann ein recht langes Stück gelaufen. So dringend kann sein körperliches Bedürfnis nicht gewesen sein.“
Nütting hatte eine mögliche Erklärung: „Er könnte zwei Bedürfnisse gehabt haben – er hatte Zigaretten und ein Feuerzeug bei sich, vielleicht hat er auf dem Weg zur Toilette erst eine geraucht.“ Das war eine durchaus vernünftige Annahme, dachte Delamotte.
Die Stellplätze unmittelbar an den Toiletten waren allesamt für PKW reserviert. Nütting führte die Marßener Kollegen in die Herrentoilette – der Bereich um die Urinale war abgesperrt. „Hat er direkt hier…“, setzte Lüttges an.
Nütting bestätigte: „So wie wir das sehen, ist er reingegangen, hat seine Waffe gezogen, einmal geschossen, getroffen, und dann weg.“
Delamotte widersprach: „Nicht ganz. Er ist reingegangen, bevor Jensen hier war. Hat die Lage gepeilt. Wer steht an den Urinalen, wer vielleicht am Waschbecken, und wie viele Kabinen sind besetzt. Ist wieder rausgegangen, vielleicht sogar in sein Auto. Auf keinen Fall in die Nähe einer Laterne. Hat den Eingang im Blick behalten – wer geht raus, wer kommt rein. Simpelste Mathematik, Addition und Subtraktion. Jensen geht rein – vielleicht wartet der Täter, dass noch ein anderer Mann rausgeht. Oder die Gelegenheit ist direkt günstig und er schlägt zu.“ Delamotte verließ die Toilette, Nütting blickte ihm etwas konsterniert hinterher.
Du hast die Gelegenheit genutzt, du Bastard. Egal, ob du Jensen spontan von Marßen aus verfolgt hast, oder ob er bei dir im Plan war. In dem Fall hattest du vielleicht vor, ihn bis nachhause zu verfolgen und da zu ermorden. Aber dann tat sich hier die Gelegenheit auf. Eine leere Toilette an der Autobahn.
Er wandte sich wieder an Nütting: „Mit Rastplätzen kenne ich mich ein bisschen aus, die sind im Sommer oftmals überlaufen. Wie sieht das auf diesem Parkplatz aus, Restauration hat er ja keine.“
Der Kommissar antwortete: „Auch die Parkplätze sind im Sommer stärker frequentiert, aber kein Vergleich zu den Rastplätzen. Wie Sie ja gesagt haben: hier kann man nichts anderes machen als pinkeln, rauchen und sich die Beine vertreten. Am späteren Abend wird es dann richtig voll, besonders die Lastwagenfahrer aus Osteuropa fahren die Plätze an, um dort im Wagen zu übernachten. Aber zu der mutmaßlichen Tatzeit war das sicher noch nicht der Fall.“
Delamotte ging auf die Parkbuchten zu, die am nächsten zu den Toiletten lagen. „Ihre Kriminaltechniker haben sicherlich diesen Bereich abgesucht.“ Nütting nickte. „Können Sie uns bitte eine Auflistung aller Dinge zukommen lassen, die genau hier, an diesen Parkplätzen und in den angrenzenden Büschen, gefunden worden sind?“
„Natürlich, ich werde das an die Kollegen weitergeben“, antwortete der Kommissar.
„Was denkst du?“, fragte Manni.
Delamotte überlegte: „Entweder Jensen ist ein spontanes Opfer wie Ernsting, und der Uhu hat ihn bis hierher verfolgt. Oder aber – und das erscheint mir inzwischen fast wahrscheinlicher – er hatte Jensen auf dem Schirm, hat ihn den ganzen Tag über verfolgt, mit dem Hintergedanken, ihn dort zu ermorden, wo er auch die meisten anderen Opfer erwischt hat. Nahe ihrer Wohnung. Aber dann ergab sich hier die Gelegenheit, den Arbeitstag abzukürzen.“ Er ging auf Mannis Auto zu, nicht nur Nütting wirkte perplex.
Saskia Jensen stellte Delamotte vor ein Rätsel. Die Frau hatte vor gerade mal 48 Stunden ihren Ehemann verloren, und doch wirkte sie fast schon beängstigend ruhig und gefasst. Wäre es hier nicht um die Tat eines Serienmörders gegangen, bei so manchem Ermittler hätte sie sich mit dieser Reaktion verdächtig gemacht. Der Psychologe war sich unsicher, ob dieses Maß an Stärke und Selbstbeherrschung bewundernswert war oder nicht.
Alvarez hatte sich in Münster die Kugel, mit der Rolf-Rüdiger Jensen erschossen worden war, angesehen, und danach waren keine Zweifel mehr möglich gewesen. Sie hatten es mit dem Uhu zu tun. Nütting hatte zugesagt, Alvarez eine Auflistung der in der Nähe der Toiletten gefundenen Artefakte zu schicken – per Mail, wie er betont hatte. Danach waren die drei Marßener weiter nordwärts gefahren, ins Oldenburgische. Vor einem Bungalow in einem Vorort der Stadt hatte Manni angehalten – Frau Jensen hatte sie bereits erwartet.
„Vor achteinhalb Jahren hat mein Mann sich selbständig gemacht“, erzählte die Frau, nachdem sie die Ermittler in ein geräumiges Wohnzimmer geführt hatte. „Ich habe in den letzten Jahren oft angeregt, die Firma zu vergrößern, weitere Fahrzeuge zu kaufen, Fahrer einzustellen“, fuhr sie fort, „aber Rüdiger wollte das nicht. Er hing sehr an seiner Freiheit, wissen Sie? Verantwortung übernahm er gerne für sich.“ Sie korrigierte sich: „Für uns. Aber Entscheidungen für andere treffen wollte er nicht. ‚Wenn du Angestellte hast, bist du für sie auch verantwortlich. Und das bedeutet, dass du vielleicht in ihre Freiheit eingreifen musst. Das will ich nicht.‘ So ähnlich hat er sich immer ausgedrückt.“
„Wo war Ihr Mann denn vorgestern unterwegs?“, fragte Lüttges. „Können Sie uns das sagen?“
Saskia Jensen wirkte erstaunt: „Natürlich kann ich das, ich habe den ganzen Bürokram gemacht – Aufträge angenommen, Touren geplant.“
Delamotte kam der Gedanke, dass die Frau der stärkere und härtere Teil dieser Partnerschaft gewesen war.
„Am Dienstag hatte Rüdiger zwei ziemlich lange Touren – er hat ein bisschen darüber gemosert, meine Planung brachte ihn an die Grenze der gesetzlich erlaubten Lenkzeiten. Aber von nichts kommt nichts“, erklärte Jensen Witwe. „Die erste Fuhre waren Antiquitäten, verschiedene alte Möbel, Gemälde und so was. Die gingen von Cloppenburg – ich glaube, das war eine Haushaltsauflösung – nach Detmold zu einem Händler, der sie ersteigert hatte. Danach musste Rüdiger nach Lemgo, für einen Umzug. Nun ja, eher Kleinkram, für eine Zweitwohnung. Die Fuhre ging nach Nordkirchen, da muss es irgendeine Hochschule geben, der Kunde hatte dort eine Berufung als Dozent bekommen und sich eben eine Zweitwohnung da besorgt. Und von Nordkirchen aus wollte er dann nachhause kommen.“ Sie zündete sich eine Zigarette an, am leichten Zittern der Hände bemerkte Delamotte, dass die Frau nicht ganz so ruhig war, wie es anfangs den Eindruck gemacht hatte.
„Wie weit war das Einzugsgebiet, in dem ihr Mann tätig war?“, fragte der Psychologe.
Saskia Jensen überlegte einen Augenblick: „Oldenburg – Bremen – Ostfriesland – Münsterland. In dem Bereich lag das Gros unserer Aufträge. In den letzen zwei oder drei Jahren auch schon mal jenseits der Grenze in Holland – meistens grenznah, so zwischen Groningen und Enschede.“ Sie blickte Delamotte an, ihre graublauen Augen wirkten immer noch sehr fest: „Manchmal war Hannover dabei, auch schon mal der Raum um Lüneburg, oder eben Ostwestfalen wie vorgestern. Weitere Fahrten waren sehr, sehr selten.“
„Was ist mit Marßen“, warf Lüttges ein.
„Nie“, antwortete Saskia Jensen sofort, „ich habe es eben nachgeprüft – es hat mich gewundert, warum die Polizei Marßen an dem Fall interessiert ist. Im Internet habe ich dann von dieser Mordserie bei Ihnen gelesen. Dann habe ich in unseren Auftragsbüchern nachgeguckt, wir haben alles digital, wissen Sie, da ist die Suche schnell erledigt.“ Sie holte tief Luft: „In all den Jahren hatten wir nie eine Fuhre nach Marßen oder von Marßen. Auch nicht in unmittelbarer Nähe. Zwei oder drei Aufträge im Ruhrgebiet, einmal Westerwald, einmal Frankfurt. Wenn weitere Strecken dabei waren, dann eher schon in den Osten – vor allem rund um Berlin. Aber Marßen? Wirklich, nicht ein einziges Mal.“
Auf Bitte von Delamotte führte die Frau die Ermittler noch zu dem Platz, an dem ihr Gatte immer den Transporter abgestellt hatte. „Hier vor dem Haus ist die Straße ziemlich eng, wie Sie sehen. Das hätte Ärger gegeben.“
Der Abstellplatz war etwa 400 Meter vom Bungalow entfernt, in der Einmündung eines Feldwegs. „Das war so mit der Gemeindeverwaltung abgestimmt“, erklärte Jensens Witwe, „die örtlichen Bauern nutzten diesen Weg eh nicht mehr, und Radfahrer oder Spaziergänger kamen an dem Wagen immer noch gut vorbei.“ Delamotte schaute sich um – die nächsten Laternen waren recht weit weg, abends musste dieser Platz sehr dunkel sein.
Für eine Rückfahrt nach Marßen war es inzwischen zu spät geworden. Hugo hatte auf seinem Mobiltelefon ein Landhotel bei Osnabrück gefunden. Nun saßen sie im Hotelrestaurant beim Abendessen, das deftig und schmackhaft, für Delamottes Ansprüche aber auch ein My übersalzen war.
Lüttges sprach ihn an: „Diese Geschichte ändert einiges, nicht wahr?“
Delamotte stimmte ihm zu: „Der Fall ist auf jeden Fall rätselhaft – rätselhafter als die anderen auf jeden Fall, er bringt einige Annahmen durcheinander.“ Er trank einen Schluck Bier, bevor er weitersprach: „Eine spontane Tat wie bei Ernsting ist es nicht, Jensen war am Tattag nicht mal in der Nähe von Marßen. Aber der Uhu war an ihm dran, er hat ihn verfolgt – und dass er ihn dann in dieser Toilette erschossen hat, das war spontan, das hat er vorher nicht so geplant.“
Lüttges nickte: „Du spielst auf diesen Abstellplatz in Jensens Heimatort an?“
„Abgelegen, kaum Licht – aus Sicht unseres Täters eigentlich ein perfekter Tatort“, bestätigte der Psychologe.
„Also hatte der Uhu Jensen auf seiner Liste?“, fragte Lüttges.
„Es spricht eigentlich alles dafür“, antwortete Delamotte, „bis auf die Frage: wie ist er auf Jensen aufmerksam geworden? In Marßen ist der ja wohl nie gewesen.“
Lüttges dachte eine Weile nach: „Vielleicht ist er an Marßen vorbeigekommen – je nachdem, welche Route man fährt, könnte das bei den beiden Touren nach Frankfurt und in den Westerwald passiert sein.“
„Oder der Täter ist mal im Revier von Jensen aufgetaucht“, gab Alvarez zu bedenken, „möglicherweise auf dem Weg in den Urlaub. Und da ist ihm Jensen aufgefallen, und er hat ihn quasi als Beifang auf seine Todesliste gesetzt.“
Delamotte war nicht überzeugt: „Ich weiß nicht, beide Erklärungen erscheinen mir ein wenig zufällig.“ Er beugte sich vor, präzisierte seinen Einwand: „Die anderen Opfer waren mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf dem Marßener Ring unterwegs, das wissen wir. Haken dran. Und bislang gehen wir zumindest davon aus, dass dies auch für den Uhu gilt. Haken dran.“ Delamotte lehnte sich wieder zurück: „Und dass sich ihre Wege dort dann irgendwann mal gekreuzt haben könnten, ist zumindest nicht völlig unwahrscheinlich. Und unter Berücksichtigung der anderen Faktoren: ziemlich wahrscheinlich. Haken dran. Bis hierher.“
Abermals beugte er sich vor, sein Blick ging von Lüttges zu Alvarez und wieder zurück: „Und nun kommt Jensen dazu, fährt einmal oder zweimal zufälligerweise an Marßen vorbei – auf dem östlichen Viertel des Rings. Oder der Uhu kommt, genauso zufällig, mal hier in den Norden, vielleicht für einen Kurzurlaub auf den Inseln. Und genau bei dieser zufälligen Gelegenheit berühren sich die Wege der beiden?“ Delamotte schüttelte heftig den Kopf: „Tut mir leid, Freunde, an so pure Zufälle mag ich nicht glauben.“
Es blieb einige Momente lang still – dann äußerte Lüttges leise und ruhig: „Aber wenn du an extreme Zufälle nicht glaubst, Markus, wie erklärst du dann den Fall Ernsting?“
Delamotte lächelte. Lüttges hatte ihn gerade entwaffnet, und dennoch lächelte er. Es stimmte ja.
Zufälligerweise hatte der Schuss des Uhu Bertelinckx verfehlt. Und zufälligerweise hatte der Arzt in dieser Nacht einen Notfalleinsatz. Und zufälligerweise genau zum richtigen Zeitpunkt, um am heimkehrenden Uhu vorbeizurasen. Ach ja, und zufälligerweise war die Schrankenanlage am Parkplatz des Krankenhauses defekt gewesen.
Delamotte stupste den neben ihm sitzenden Alvarez an: „Er hat recht, weißt du. Manni hat ja absolut recht.“ Etwas ratlos breitete er die Arme aus: „Ich weiß im Moment nur eins – ich brauche jetzt einen Schnaps.“ Den Gesichtern zufolge sprach er Lüttges und Alvarez damit aus der Seele.
„Die Kollegen aus Brandenburg haben sich gemeldet“, sagte Pesch, „ziemlich rasch sogar, wie ich finde.“
Sie saßen in Mannis Büro, Lüttges hatte über den Fall Jensen berichtet und die Fragen, die er aufwarf. Henseler hatte die Daten weiterer Schießstände und Schützenvereine bekommen, in die Datenbank eingepflegt und gemeinsam mit Maas und Marino bereits ein paar sehr gute Schützen identifiziert, die zumindest vom Alter her zu Delamottes Täterprofil passten.
Aber die Informationen, die Pesch zu Ulrich Brückner erhalten hatte, interessierten das Team besonders. Immerhin war das Auto des Mannes im Umfeld zweier Opfer aufgetaucht, jeweils kurz vor deren Ermordung. „Die Kollegen haben versucht, Brückner aufzusuchen. Fehlanzeige“, erklärte der Hauptkommissar, „laut der Hausbesitzerin ist Brückner 2001 aus Storkow weggezogen, angeblich ins Ausland.“
„Ich dachte, der wäre immer noch da gemeldet“, sagte Maas.
„Ist er auch“, erwiderte Pesch, „und ob diese Hausbesitzerin besonders vertrauenswürdig ist, sei mal dahingestellt. Der Kollege, der mit ihr gesprochen hat, hatte den Eindruck, die Frau und Brückner könnten mal was miteinander gehabt haben. Vielleicht auch immer noch haben. Jedenfalls hat sie diesem Kollegen“ – Pesch blickte auf seinen Zettel – „diesem Kommissar Maruschke erklärt, dass hin und wieder noch Post für Brückner einginge und sie diese Post alle drei Monate gesammelt nach Aachen schickt, postlagernd. Brückner überweist ihr dafür regelmäßig Geld.“
„Ich wusste nicht, dass Aachen im Ausland liegt“, bemerkte Lüttges trocken.
Pesch nickte: „Maruschke hat das auch gewundert. Brückner hat der Frau wohl gesagt, so etwas wie Postfächer und so weiter gäbe es in seinem neuen Land nicht.“
„Falls er in Holland sitzt, hat er definitiv gelogen“, murmelte Delamotte. Er konnte sich noch erinnern an den Umschlag, den er als Fünfzehnjähriger an eine Postfach-Anschrift in Hilversum geschickt hatte, mit pochendem Herzen. Inhalt war ein unbeholfener Liebesbrief an die junge und bildhübsche Moderatorin einer holländischen Fernsehsendung gewesen. Eine Antwort hatte er zu seiner Enttäuschung nie bekommen.
„Auf jeden Fall hat Brückner sein Bankkonto immer noch bei der örtlichen Sparkasse“, fuhr Pesch fort, „und Maruschke hat auch mal beim Finanzamt angerufen. Jedes Jahr gibt Brückner dort brav eine Steuererklärung ab, unter Angabe der Adresse in Storkow, Rücküberweisungen eventuell zu viel gezahlter Steuern bitte auf das Konto bei der Sparkasse.“
„Und womit verdient er sein Geld“, warf Lüttges ein.
„Er ist selbständig“, antwortete Pesch, „in der Steuererklärung gibt er als Berufsbezeichnung ‚Technischer Dienstleister‘ an.“
Marino rief aus: „Was ist das denn für ein Beruf?“
Maas stimmte ihm zu: „Das kann ja nun alles Mögliche bedeuten. Reparaturen, Hausmeisterdienst, irgendwelche Beratungstätigkeiten.“
„Auftragsmorde“, schlug Delamotte vor.
„Das ist vielleicht gar nicht mal so weit hergeholt“, sagte Pesch. Die anderen blickten ihn erstaunt an. „Interessant ist nämlich, was Brückner früher mal gemacht hat“, führte der Hauptkommissar aus, „da war er nämlich mal Personenschützer.“ Er genoss die künstlerische Pause, mit der er seine Kollegen auf die Folter spannte. „Also, vor der Wende“, fuhr er fort, „beim Ministerium für Staatssicherheit.“
Abermals fing Britta ihn ab, als Delamotte am Abend nachhause kam. Seine Empfindungen kamen ihm plötzlich völlig normal vor – jeder Mann, der seine sieben Sinne beisammen hatte, würde eifersüchtig bei dem Gedanken, dieses Lächeln könnte einem anderen gelten.
„Schon wieder Dienstreise?“, fragte sie. Delamotte nickte: „Leider.“ Sie sah ihn an, plötzlich ernst: „Du siehst sehr müde und mitgenommen aus.“ Dann lächelte sie wieder: „Hey, ich habe Ćevapčići vorbereitet – ich würde dich ja gerne zu mir einladen, leider herrscht da gerade ziemlich Kraut und Rüben. Timmy ist mit Radi in Urlaub gefahren, zu meinen Schwiegereltern. Teilweise nutze ich die Zeit, um ein bisschen an der Wohnung zu arbeiten.“ Daher also kam der Geruch nach Farbe, dachte Delamotte.
„Dann komm du doch rüber zu mir“, sagte er, „du bringst das Essen, ich bringe den Wein.“
Britta strahlte: „Prima, machen wir so. In etwa einer Stunde bin ich bei dir, O.K.?“
Natürlich war das O.K., auch wenn eine Stunde vielleicht ein bisschen knapp war. Einmal mit dem Staubsauger durchs Wohnzimmer, dabei halbwegs für Ordnung sorgen, dann das Badezimmer mal gründlich durchwischen, frische Handtücher hinhängen, einen guten Wein aus dem Keller holen – besser zwei, dachte er, es war schließlich Freitag – und dann rasch unter die Dusche und frische Klamotten anziehen. Das war sportlich, aber machbar.
Als er unter der Dusche stand, streifte ihn ein Gedanke. Manch anderer Mann hätte in der Situation vielleicht noch das Bett frisch bezogen. Das hatte er nicht getan, und Delamotte war sich nicht sicher, ob dies für ihn sprach, oder eher gegen ihn.
Sie hatten lecker gegessen, den argentinischen Malbec bereits geleert, der Rosé aus der Provence war bereits in ihren Gläsern. Der Abend war so schön gewesen wie andere Abende, die er in den letzten drei Monaten mit Britta verbracht hatte. Wenn auch nicht so entspannt, sein Puls war ziemlich hoch, fast hatte Delamotte die Befürchtung, sie könnte sein Herz schlagen hören. Was nicht nur, aber auch damit zu tun hatte, dass seine Nachbarin ziemlich enge Hotpants trug. Sie hatten über alles Mögliche gequatscht, von alten und neuen Zeiten und dem was dazwischenlag. Dass Norbert Dierdorf schwul war, hatte Britta am Vortag mitbekommen – Delamotte tat sehr überrascht.
Die Rob-Schenck-Show ging gerade zu Ende, Britta stand vom Sofa auf: „Wird Zeit für mich“, sagte sie, „ich muss morgen in der Wohnung weitermachen.“
Er geleitete sie zur Tür, Britta drehte sich zu ihm um und umarmte ihn fest. Dann nahm sie sein Gesicht zwischen ihre Hände und sagte: „Schlaf gut, Markus.“ Fast wollte es erscheinen, als überlegte sie einen Moment lang, ihn zu küssen.
„Du auch, Britta“, antwortete er. Als Britta hinter ihrer Wohnungstüre verschwunden war, wurde Delamotte klar, dass er nach dieser Berührung nicht so rasch würde schlafen können.
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