http://www.youtube.com/watch?v=y17-pJZ9nEg
Hommage à Pierre Boulez zum 85. Geburtstag
http://www.staatsoper-berlin.de/de_DE/calendar/4886526
SPRENGT DIE OPERNHÄUSER IN DIE LUFT!
BOULEZ: In der Provinzstadt Paris ist das Museum sehr schlecht gepflegt. Das Pariser Opernhaus ist voller Staub und Scheiße -- um gut deutsch zu sprechen. Da gehen nur noch die Touristen hin, weil man die Oper von Paris gesehen haben muß. Das liegt auf der Touristentour wie die Folies-Bergère oder der Invalidendom, wo das Grab von Napoleon ist.
SPIEGEL: Diese Leute sind es offenbar nicht, die Sie sich als Publikum wünschen?
BOULEZ: Nein, diese Operntouristen sind zum Kotzen. Wenn ich ein Bühnenwerk komponieren werde, dann schreibe ich es bestimmt nicht für die Star-Fans, sondern ich denke an ein Publikum, das eine umfassende Kenntnis vom Theater hat.
SPIEGEL: Kann man das Publikum so einfach in Gruppen einteilen?
BOULEZ: Doch, ganz gut. Ich sehe augenblicklich drei Schichten in unserer Gesellschaft. Die erste gibt sich kultiviert und geht ins Museum, auch ins Musik-Museum. Wenn sie sich in den Museen zu sehr gelangweilt haben, wollen sie etwas Abenteuer kaufen, dann gehen sie zu den Liebermanns. Die bürgerliche Gesellschaft braucht ihre Hof narren.
SPIEGEL: Und die zweite Schicht?
BOULEZ: Die lebt eben mit der Zeit. Die hört die Beatles und die Rolling Stones und was weiß ich sonst. Eine Beatles-Platte ist ja auch wirklich cleverer und obendrein kürzer als eine Oper von Henze. Aber die dritte Schicht, das ist das Publikum, auf das man setzen kann. Es ist ziemlich unabhängig von der bürgerlichen Gesellschaft und vor allem vom Geschmack der bürgerlichen Gesellschaft.
Der Spiegel 40/1967 (25.09.1967)
http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=46353389&aref=image036/2006/03/20/PPM-SP196704001660174.pdf&thumb=false
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