Unglaublich
Unfassbar
Mein tiefes Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer.
Kommentar vom 25. Juli 2011 in der Mittelbayerischen Zeitung von Stefan Stark:
Anschlag auf die Freiheit
Terror
Das Blutbad trifft das Herz der Demokratie
Man kann der Polizei in Oslo sicher nicht vorwerfen, dass sie auf dem rechten Auge blind sei. Aber die Tatsache, dass der Sicherheitsapparat von dem Anschlag völlig überrascht wurde und die Behörden rechtsextremistischen Terror nicht auf ihrer Rechnung hatten, wirft Fragen auf. Hätten sich der Bombenanschlag im Regierungsviertel und das darauffolgende Blutbad auf der Ferieninsel vielleicht verhindern lassen? Natürlich ist es schwierig, zu allem entschlossene Fanatiker rechtzeitig zu stoppen. Doch der Attentäter hinterließ verräterische Spuren im Internet, die ihn vielleicht entlarvt hätten, wenn jemand danach gesucht hätte. Erst nach dem Massenmord stieß die Polizei auf das Terror-Manifest des "christlichen" Fundamentalisten.
Zumindest eine Lehre lässt sich daraus ziehen: Die Behörden in den demokratischen Staaten müssen die Bedrohung durch Rechtsextremisten sehr ernst nehmen und entschlossen dagegen vorgehen. Denn wie die Anschläge von Norwegen zeigen, stehen die Neonazis in punkto Menschenverachtung und Kaltblütigkeit dem islamistischen Terror in keiner Weise nach.
Deutschland ist dabei alles andere als eine Insel der Friedfertigkeit. 1980 starben 13 Menschen beim Oktoberfest-Attentat. Der Anschlag eines Rechtsextremisten war der schlimmste Terrorakt in der deutschen Nachkriegsgeschichte. 1992 verbrannten beim Mordanschlag von Mölln zwei türkische Mädchen und ihre Großmutter in dem Feuer, das Rechtsradikale gelegt hatten. 1993 kamen fünf Menschen beim Brandanschlag von Solingen ums Leben. Die Täter stammten aus der Neonazi-Szene.
Auch wenn der Höhepunkt der Terrorwelle gegen Ausländer in Deutschland fast 20 Jahre zurückliegt, auch wenn der Verfassungsschutz heute erklärt, dass es keine Gefahr durch Rechtsterrorismus in Deutschland gibt - fast wöchentlich kommt es vor allem im Osten der Republik zu Anschlägen auf Wahlkreisbüros nicht nur der Linkspartei, sondern auch von SPD, CDU und der FDP. Die Hintermänner werden in der rechtsextremen Szene vermutet. Gleichzeitig rufen Neonazis im Internet ganz offen zu Gewalt auf. Auch in Deutschland tickt offenbar eine Zeitbombe.
Ein weiteres Alarmsignal in Europa muss das Erstarken von rechtspopulistischen Parteien sein - ob in Holland, in Dänemark, in Finnland oder in Ungarn. Mit ihren teilweise fremden- und islamfeindlichen Parolen und ihrer unverhohlenen Verachtung für eine multikulturelle Gesellschaft machen sie rechtsextremistisches Gedankengut wieder hoffähig und laden damit Ausländerhasser zu Gewalt ein. Jeder, der sein Kreuzchen bei den rechten Rattenfängern macht, stimmt dem klammheimlich zu.
Die Terroropfer von Norwegen haben von einem friedlichen Miteinander geträumt. Sie waren politisch engagierte junge Leute, für die eine andere Hautfarbe oder Religion kein Makel, sondern eine Bereicherung sind. Jedes freie Land muss stolz auf eine solche Jugend sein. Dass ausgerechnet diese Menschen aus blindem Hass niedergemetzelt wurden, ist schier zum Verzweifeln. Umso mehr mahnt uns diese Wahnsinnstat, dem Terror zu trotzen. Und zwar dadurch, dass wir entschieden für Freiheit, Toleranz und Offenheit einstehen. Alles andere wäre ein Sieg für die Fanatiker.
2 comments
Fr@nk Eiche said:
Heide said: