"Wir glauben uns manchmal vom Leben getrennt. Wir meinen, von einer Mauer umgeben zu sein. Die Mauer ist vielleicht nicht sichtbar, aber sie ist dennoch vorhanden. Solange wir uns vom Leben getrennt fühlen, spüren wir auch diese Mauer. Ein erleuchteter Mensch hätte keine solche Mauer um sich herum. Doch ich bin noch nie jemandem begegnet, bei dem das so war. Durch das Üben der Meditation aber wird diese Mauer immer brüchiger und durchsichtiger.

Die Mauer hat uns davon abgehalten, Dinge zu spüren, wahrzunehmen. Vielleicht haben wir Angst, vielleicht beunruhigende Gedanken. Unsere Mauer aber schützt uns davor, es wahrzunehmen. In dem Maß jedoch, in dem wir üben (viele von Ihnen kennen das sicher sehr gut), beginnen wir, Löcher in dieser Mauer zu sehen. Wir werden einfach durch das Üben bewußter und sensibler.

Wir können nicht eine halbe Stunde reglos dasitzen, ohne etwas zu lernen. Und wenn diese halbe Stunde Tag für Tag wiederkehrt, lernen wir immer weiter. Ob wir es wollen oder nicht, wir lernen. Wir erfahren Dinge über uns selbst und über andere, die wir vorher nicht wußten. Wir werden empfindsamer, manchmal aber auch empfindlicher, reizbarer."

(Charlotte Joko Beck, Zen im Alltag)
www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Zen-im-Alltag/Charlotte-Joko-Beck/Goldmann/e371971.rhd

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