Loading

Mörder in Marmor

Album *andererseits* Nr. 15
Mörder in Marmor

Kraft, Erschlossenheit und eine aufkommende Wut sprechen aus dieser Skulptur des griechischen Faustkämpfers Demoxenos, der bei den Nemeischen Spielen im Jahr 400 v.Chr. zu trauriger Berühmtheit gelangte. Der Bildhauer, so heißt es, zeigt ihn kurz vor dem entscheidenden Augenblick, als er seinen Wettkampfgegner gegen alle Regeln so brutal attackierte, dass dieser auf der Stelle starb.

Demoxenes wurde nicht nur disqualifiziert, sondern auch auf Dauer geächtet, während sein Opfer mit Namen Creugas posthum zum Sieger erklärt wurde. In der altgriechischen Sage, die von dem Weltenbummler und Geschichtenerzähler Pausanias 500 Jahre später aufgeschrieben wurde, geht es um Ehre, Kraft, Sieg und Fairness.

Der italienische Bildhauer Antonio Canova war von der schicksalhaften Geschichte so fasziniert, dass er die beiden Kontrahenten mit überlebensgroßen Posen in Stein gemeißelt hat. Das war um 1800, womit er seinen Durchbruch als Künstler bewirkte und für den Rest seines Lebens zum Chef der gewaltigen Kunstsammlung des Vatikan berufen wurde. Dort befinden sich die beiden Originale.

Nun kennt die Kunstgeschichte nicht wenige Denkmäler, die prominente Mörder und Missetäter würdigen. Manche kriegten ihr Standbild trotz ihrer Untaten, andere gerade deswegen. Seltener kamen die Opfer und Unterlegenen zu Ehren. Sie wurde ja auch nicht zu Siegern erklärt.

Dem Demoxenos (PiP1) hingegen und seinem unglücklichen Gegner (PiP2, PiP3) wurden gleich mehrere Statuen errichtet, denn die Skulpturen im Vatikan wurden oft kopiert. So stehen sich die feindlichen Boxer unter anderem in Kopenhagen, Abu Dhabi, Sydney und Mexico Stadt gegenüber.

Die Marmorkopien auf diesen Fotos stehen in einem zentralen Park in Montevideo. Die dortige Figur des Demoxenos ist unter den Repliken schon wieder ein Unikat, denn ein Unbekannter wollte wohl einen Akt der Gerechtigkeit vollziehen: Die rechte Hand, die den fairen Gegner Creugas das Leben kostete, wurde gezielt beschädigt. Die todbringenden Finger wurden regelrecht amputiert (PiP4). Im Übrigen ist die Plastik unversehrt.

Ganz offensichtlich hat der Unbekannte die antike Überlieferung ernst genommen: Der Faustkampf zwischen beiden gleich starken Gegnern war auch nach Stunden nicht beendet. Da läuteten die Kampfrichter eine Entscheidungsrunde ein, die dem Elfmeterschießen im Fußball nicht unähnlich ist. Beide Kämpfer durften dem Gegner abwechselnd nur noch jeweils einen Schlag versetzen, bis einer von beiden aufgab.

Doch Demoxenos hielt sich nicht an die Abmachung. Es heißt, er überrumpelte den Gegner mit einer Serie von Schlägen, wobei er mit seinen dolchartig bandagierten Fingern dessen Bauchdecke durchbohrte und ihm die Eingeweide herausriss.

Ganz schön deftig, die alten Griechen!

++++++++++
Mein Album *andererseits*
Licht und Schatten, Vorher / Nachher, Arm & Reich,
Vorder- und Rückseite, Alt + Neu, vornehm vs. ordinär -
Jedes Ding hat (irgendwie) zwei Seiten.
Darum geht es in diesem Album mit Picture-in-Picture-Montagen (PiP)
Visible by: Everyone
(more information)

More information

Visible by: Everyone

All rights reserved

Report this photo as inappropriate

4 comments

Mikus said:

Regeln einhalten und dem Gegner gegenüber fair zu sein, war seinerzeit bei sportlichen Veranstaltungen höchstes Gut. Heute hätte man dem Mörder wohl einen Kinofilm gewidmet. Im Jahr 400 v.Chr. fanden auch die Olympischen Spiele statt. Creugas hätte sich wohl lieber dazu qualifiziert ;-)
9 days ago ( translate )

William Sutherland said:

Fantastic series!
9 days ago ( translate )

Günter Klaus said:

Eine wunderbare Detailaufnahme ist das von dieser Statue lieber Albrecht :))

Wünsche noch einen schönen Nachmittag,liebe Grüße Güni :))
4 days ago ( translate )

Fred Fouarge said:

de blick van zijn gezicht zegt genoeg
2 days ago ( translate )