Alfredo
50-Bilder-Projekt - 45/50
www.ipernity.com/blog/2722062/4743268
Seit anderthalb Jahren lebt Alfredo auf der Straße mit Blick auf den Schornstein.
Auf dem Fußweg eine verschlissene Matratze unter einem Balkonvorsprung,
geschützt von ein paar Brettern und dem Müllcontainer.
Ins Obdachlosenasyl will er um keinen Preis.
Zum Überleben hat er seinen Job als 'guardacoche',
als selbst ernannter Parkwächter.
Wenn die Angestellten nach Feierabend, aus ihren Büros kommend,
wieder in ihre Autos steigen, geben sie Alfredo vielleicht ein paar Pesos
oder einen Apfel oder einen Sandwich.
Viele kennen ihn wegen seiner Rastazöpfe und seiner ansteckenden Freundlichkeit.
Sein Humor wurde gerade auf eine harte Probe gestellt.
Letzte Woche wurde sein bisschen Habe
von einem Frühlingssturm über das halbe Stadtviertel verteilt.
Und vorgestern, einen Tag nach seinem 65. Geburtstag,
hat der Gewitterregen seine Matratze aufgeweicht und weggeschwemmt.
Aber heute scheint die Sonne, und die Welt sieht gleich ganz anders aus.
18 comments
LutzP said:
Albrecht Girle replied to LutzP:
Ich weiß gar nicht, wann zuletzt ich mir bei einem Portrait mehr Mühe gegeben habe als hier mit Alfredo. Fotos aus einer früheren "Sitzung" hatte ich alle verworfen, weil ich zwei Aspekte im Bild deutlicher ausdrücken wollte: Persönlichkeit und Würde (ohne Schönfärberei). Wenn mir das - dank Alfredo - gelungen ist, bin ich froh.
Karl Hartwig Schütz said:
Albrecht Girle replied to Karl Hartwig Schütz:
Und dass so ein Bild bei jedem von uns unterschiedliche Stimmungen wecken kann.
Ich selber habe von Melancholie nichts gespürt. Das mag daran liegen,
dass Armut in meiner Lebenswelt viel sichtbarer ist und im Alltag präsent.
Danke dir.
Ria V. said:
Albrecht Girle replied to Ria V.:
In der Sozialfotografie gibt es viele achtsame Formen der Dokumentation oder Anklage. Aber da stehen die Abgebildeten oft wie Zeugen am Rand der Thematik. Und das wollte ich hier nicht.
William Sutherland said:
Albrecht Girle replied to William Sutherland:
Thomas Weiß said:
Albrecht Girle replied to Thomas Weiß:
Es gibt kluge Leute, die meinen, dass ein Foto aus sich selbst heraus wirken soll und durch langatmige "Erläuterungen" eher entwertet wird.
Da ist verdammt viel Wahres dran. Ich müßte da wohl disziplinierter sein, denn manchmal kann ich die Tinte nicht halten ;-)
Aber eine Bildergeschichte ist eben auch was Feines...
* ઇઉ * said:
It keeps being confirmed that those who have little are usually more content, happier and more grateful than those who live comparatively in abundance.
Albrecht Girle replied to * ઇઉ *:
Uns verbindet die Einsicht, dass Dankbarkeit der Schlüssel für Zufriedenheit und ein positives Selbstbild ist. Wie schön, dass ein Foto diese Tatsache in Erinnerung gerufen hat.
Nicht einverstanden wäre ich mit der Feststellung "Armut macht glücklich" - aber das hast du ja auch nicht behauptet. Armut macht krank und einsam.
Aber eine Wirtschaftsordnung, in der das Ausbleiben von stetigem Wachstum eine Katastrophe bedeutet, macht krank, einsam und kaputt.
Herzliche Grüße!
LutzP replied to Albrecht Girle:
* ઇઉ * replied to Albrecht Girle:
Best regards to you, too!
Eva Lewitus said: