Ich weiß nicht genau, wie ich Deine Bemerkung deuten soll, also welche Prozentzahlen Du lieber gesehen hättest als diese. Ich bin aber dankbar für den Kommentar. Ich selbst hatte die Zahlen absichtlich zunächst ohne jeden eigenen Kommentar eingestellt, weil ich keine Diskussion über meine Meinung anstoßen wollte, sondern einfach nur die Balken zeigen, die ich für mich selbst gemacht hatte. Ich finde das in den Medien übliche Herausrechnen der Nichtwähler (die ja auch bewußte Entscheidungen treffen und dabei nicht weniger demokratisch handeln) irreführend und wollte darstellen, wie das Wahlergebnis bei Berücksichtigung aller Wahlberechtigten wirklich ist.
Ein weiterer Grund, warum ich keinen eigenen Kommentar der Zahlen angefügt hatte, war weil ich mir noch gar nicht im Klaren bin, was ich von dem Ergebnis halten soll. Wahlsieger sind klar die CDU (ist stärkste Partei geblieben) und die FDP (hat prozentual zugelegt). Größter Verlierer ist die SPD -- denn nur 20% der wahlberechtigten Stimmen für die SPD ist für NRW-Verhältnisse (traditionelles SPD-Land und derzeit noch zerfledderter Zustand der Linkspartei) geradezu eine Hinrichtung -- insbesondere bei einer Wahl, die durch die tobende Hornisse in Berlin zu einer Bundesratsmehrheitsänderungswahl degeneriert war. Die SPD hat ihr insgesamt berechtigtes Sterben (siehe letzte Bundestagswahl) also auch hier deutlich fortgesetzt.
Um nicht in den Verdacht zu geraten, der Hornisse näherzustehen als der SPD, hier mein Wahl-O-Mat-NRW-Ergebnis. (Ich hatte nicht jeweils gründlich nachgedacht oder -recherchiert, sondern die gesamte Fragenliste ohne groß zu überlegen wild und schnell durchgeklickt. Neutral hatte ich nur einmal angegeben, doppelt gewichtet hatte ich nichts.) Das Ergebnis war insoweit erwartungskonform als daß Linke und Piraten ganz oben, sowie CDU und FDP ganz unten sind. Sehr überraschend fand ich hingegen das gute Abschneiden der SPD. (Dies habe ich aber auch von anderen eigentlich SPD-fernen Wahl-O-Mat-Probierern gehört -- es zeigt im Grunde nur die Unbrauchbarkeit des Wahl-O-Maten.)
Was ich nach der Wahl nun schade finde, ist daß sich nicht mehr Nichtwähler auf Kleinparteien gestürzt haben. Unzufriedenheit mit den großen kann man dadurch nämlich viel besser ausdrücken als durch Enthaltung. Und was ich sogar richtig schlimm finde ist, daß die SPD auf Bundesebene durch die geänderte Bundesratsmehrheit nun sowohl von ihrer inneren Reform als auch von ihrer Oppositionsrolle abgehalten wird, weil sie jetzt im Vermittlungsausschuß wieder Politik machen kann. Unter solchen Bedingungen kann sich in Deutschland nie etwas ändern! Heilfroh bin ich immerhin, daß rot-grün in NRW nicht möglich ist. Das zwingt die Politik, sich endlich mit der Linkspartei auseinanderzusetzen. Wir bräuchten noch viel mehr Parteien über der 5%-Hürde! Oder anders gesagt: Wir brauchen endlich Demokratie!
die parteien demokratie scheint allgemein in deutschland und fast überall einen tiefpunkt erreicht zu haben. es sind organisierte gruppen die sich zunehmens unfähig zeigen antworten auf die zukunft geben zu können. wie wenig die basis bei den parteien mit zureden hat zeigt, sich bei allen parteien die in der verantwortung stehen. übrigends auch bei den grünen. parteien die es besonders gut machen wollen, mit einbezug der basis, haben so komplizierte verfahren, der mitgliederbefragung das sie wenig mit dem politischen alltag zu tun haben (bsp. nrw-wahl/linke). ob mehr parteien, mehr demokratie ermöglichen, ist ein irrglaube. was haben grüne und liberale den großen in sachen volksentscheide/ bürgerrechte/ mitbestimmung abgerungen? es scheint ein tiefes mißtrauen der politischen elite gegenüber dem volk zu existieren. nicht einmal der bundespräsident darf direkt vom volk gewählt werden, nur indirekt von sogenannten politisch zuverlässigen. die piraten partei wird das rad auch nicht neu erfinden. auch wenn sie sich programmatisch breiter aufstellen wollen. was mit einer ein programm partei (steuersenkung) passiert sieht man ja bei der fdp. das parteiensystem, so wie es jetzt existiert ( incl. linke und piraten), ist den herausforderungen der zeit nicht gewachsen. ein wesentlicher grund ist dabei das es ideologisch ausgerichtet ist, was natürlich auch an den bürgern liegt. israel ist geradezu ein parade beispiel für vielparteien parlamente, die letztendlich in welcher koalition auch immer, seit 20, 30 oder jahren auf der stelle treten.
Ok, sehe ich ein. Ein Vielparteienparlament alleine bedeutet in Richtung Bürger weder automatisch mehr Transparenz noch automatisch mehr Mitbestimmung -- also nicht automatisch mehr Demokratie. Und noch keine Partei, die Mitgliederbefragungssysteme hat oder einführen will, hat eine Antwort darauf, wie das denn so geschehen könnte, daß es was mit dem politischen Alltag zu tun haben kann. Sehe ich genauso.
Aber wenn Du sagst, daß das gegenwärtige Parteiensystem den Herausforderungen der Zeit u.a. deshalb nicht mehr gewachsen ist, weil es ideologisch ausgerichtet ist (sehe ich auch so) und u.a. deshalb auch zunehmend weniger in der Lage ist, Antworten auf die Zukunft zu geben (sehe ich ebenfalls auch so), dann deutest Du aber doch an, daß es zumindest eine kleine Verbesserung wäre, wenn einige kleine Parteien ohne ideologische Ausrichtung in Parlamente gewählt würden -- auch wenn sie den großen nicht viel abtrotzen können, insbesondere nicht in Richtung kontinuierlicher Mitbestimmung durch die Bürger. Sie können zumindest ideologiefrei ihre Kompetenzen ins Parlament einbringen.
Klar, viel würde das nicht bringen. Insgesamt auf der Stelle getreten würde auch dann erstmal weiter. Am Anfang vielleicht sogar noch mehr als vorher. Aber was ist die Alternative? Das System abschaffen? Und wenn ja -- was dann? Was müssen wir denken lernen? Was sind die Utopien? Welche Alternativen haben wir zur Resignation?
Im übrigen denke ich, daß nicht nur die Parteiendemokratie in Deutschland und weltweit aktuell immer mehr Tiefpunktrekorde einfährt, sondern auch die aktuellen Gesellschaftsordnungen und Wirtschaftssysteme ihrer Zeit nicht mehr gewachsen sind. Aber man kann mit Ideen spielen und prüfen, ob sie ideologisch verbrämt und rückwärts gewandt sind oder visionär in die Zukunft gerichtet. Man muß nur neue (und alte) Ideen denken lernen. Hast Du welche? Weil... was bleibt sonst außer blankem Pessimismus?
3 comments
York replied to :
Ein weiterer Grund, warum ich keinen eigenen Kommentar der Zahlen angefügt hatte, war weil ich mir noch gar nicht im Klaren bin, was ich von dem Ergebnis halten soll. Wahlsieger sind klar die CDU (ist stärkste Partei geblieben) und die FDP (hat prozentual zugelegt). Größter Verlierer ist die SPD -- denn nur 20% der wahlberechtigten Stimmen für die SPD ist für NRW-Verhältnisse (traditionelles SPD-Land und derzeit noch zerfledderter Zustand der Linkspartei) geradezu eine Hinrichtung -- insbesondere bei einer Wahl, die durch die tobende Hornisse in Berlin zu einer Bundesratsmehrheitsänderungswahl degeneriert war. Die SPD hat ihr insgesamt berechtigtes Sterben (siehe letzte Bundestagswahl) also auch hier deutlich fortgesetzt.
Um nicht in den Verdacht zu geraten, der Hornisse näherzustehen als der SPD, hier mein Wahl-O-Mat-NRW-Ergebnis. (Ich hatte nicht jeweils gründlich nachgedacht oder -recherchiert, sondern die gesamte Fragenliste ohne groß zu überlegen wild und schnell durchgeklickt. Neutral hatte ich nur einmal angegeben, doppelt gewichtet hatte ich nichts.) Das Ergebnis war insoweit erwartungskonform als daß Linke und Piraten ganz oben, sowie CDU und FDP ganz unten sind. Sehr überraschend fand ich hingegen das gute Abschneiden der SPD. (Dies habe ich aber auch von anderen eigentlich SPD-fernen Wahl-O-Mat-Probierern gehört -- es zeigt im Grunde nur die Unbrauchbarkeit des Wahl-O-Maten.)
Was ich nach der Wahl nun schade finde, ist daß sich nicht mehr Nichtwähler auf Kleinparteien gestürzt haben. Unzufriedenheit mit den großen kann man dadurch nämlich viel besser ausdrücken als durch Enthaltung. Und was ich sogar richtig schlimm finde ist, daß die SPD auf Bundesebene durch die geänderte Bundesratsmehrheit nun sowohl von ihrer inneren Reform als auch von ihrer Oppositionsrolle abgehalten wird, weil sie jetzt im Vermittlungsausschuß wieder Politik machen kann. Unter solchen Bedingungen kann sich in Deutschland nie etwas ändern! Heilfroh bin ich immerhin, daß rot-grün in NRW nicht möglich ist. Das zwingt die Politik, sich endlich mit der Linkspartei auseinanderzusetzen. Wir bräuchten noch viel mehr Parteien über der 5%-Hürde! Oder anders gesagt: Wir brauchen endlich Demokratie!
diedje said:
York replied to diedje:
Aber wenn Du sagst, daß das gegenwärtige Parteiensystem den Herausforderungen der Zeit u.a. deshalb nicht mehr gewachsen ist, weil es ideologisch ausgerichtet ist (sehe ich auch so) und u.a. deshalb auch zunehmend weniger in der Lage ist, Antworten auf die Zukunft zu geben (sehe ich ebenfalls auch so), dann deutest Du aber doch an, daß es zumindest eine kleine Verbesserung wäre, wenn einige kleine Parteien ohne ideologische Ausrichtung in Parlamente gewählt würden -- auch wenn sie den großen nicht viel abtrotzen können, insbesondere nicht in Richtung kontinuierlicher Mitbestimmung durch die Bürger. Sie können zumindest ideologiefrei ihre Kompetenzen ins Parlament einbringen.
Klar, viel würde das nicht bringen. Insgesamt auf der Stelle getreten würde auch dann erstmal weiter. Am Anfang vielleicht sogar noch mehr als vorher. Aber was ist die Alternative? Das System abschaffen? Und wenn ja -- was dann? Was müssen wir denken lernen? Was sind die Utopien? Welche Alternativen haben wir zur Resignation?
Im übrigen denke ich, daß nicht nur die Parteiendemokratie in Deutschland und weltweit aktuell immer mehr Tiefpunktrekorde einfährt, sondern auch die aktuellen Gesellschaftsordnungen und Wirtschaftssysteme ihrer Zeit nicht mehr gewachsen sind. Aber man kann mit Ideen spielen und prüfen, ob sie ideologisch verbrämt und rückwärts gewandt sind oder visionär in die Zukunft gerichtet. Man muß nur neue (und alte) Ideen denken lernen. Hast Du welche? Weil... was bleibt sonst außer blankem Pessimismus?