Mein Erlebnis bei den Hopi-Indianern begann eigentlich im Jahre 1978 mit dem Kauf dieser wunderschönen Vase in San Francisco, hergestellt von einem Hopi namens „P. Tomosie“ von der „First Mesa“. Als ich zehn Jahre später mit meinem Sohn wieder eine Reise in den Südwesten der USA unternahm, wollte ich versuchen, den Künstler, der diese Vase angefertigt hatte, im Hopi Reservat ausfindig zu machen.
Die Hopi-Indianer leben in Siedlungen am Fuße oder auf den nach Süden fingerartig ausgestreckten, schmalen Felsgraten des Hochplateaus der Black Mesa. Die Felsgrate werden der Reihenfolge nach von Osten nach Westen als „First-“, „Second-“ und „Third Mesa“ bezeichnet.
Als wir uns mit unserem Camper der First Mesa näherten, sahen wir hoch oben am Rande der Felsnase die altersgrauen Hopi-Häuser, die wie Adlerhorste wirkten. Eine schmale, steile Straße führte in engen Windungen hinauf zu den drei Dörfern Hano, Sichomovi und Walpi. Zu Beginn der Straße befand sich ein Schild mit der Aufschrift: „An alle Besucher: Bitte halten Sie an der Ponsi Hall (Kommunikations-Center) bevor Sie die First Mesa Dörfer besuchen.“
Wir parkten vor der Ponsi Hall im ersten Dorf Hano. Da die Sonne unbarmherzig brannte, setzte ich mir einen weißen Stoffhut mit dem Emblem der Kronenbrauerei auf. Dann machte ich mich auf den Weg. Mein Sohn „bewachte“ unser Wohnmobil. Vor den Häusern saßen Frauen an einfachen, aus Brettern gefertigten Verkaufstischen und boten ihre Töpfereien an. Manche waren damit beschäftigt, Vasen zu formen und zu bemalen. Sie waren nicht aufdringlich, wenn ich es ablehnte, etwas zu kaufen. Ich erzählte vielen von meiner Vase und nannte den Namen der Künstlerin (inzwischen hatte ich herausgefunden, dass nur Frauen Töpferarbeiten herstellten, die Männer beschäftigten sich mit dem Schnitzen der „Katchina-Dolls“). Aber niemand konnte sich erinnern.
Kurz vor Walpi, dem dritten und letzten Dorf auf der First Mesa, sah ich einen kleinen Bretterverschlag, der den Tour-Guides als „Office“ diente. Das Dorf Walpi durfte nur in Begleitung eines Hopi-Führers besichtigt werden. Ich musste meinem Namen und meine Adresse in ein Buch eintragen. Auf meine Frage, ob dies ein Gästebuch sei oder zur Kontrolle diente, sagte die junge Hopi-Fau, dass beides zuträfe. Ich sagte ihr scherzhaft, sie solle mir ihre Adresse geben, dann würde ich ihr eine Karte aus Deutschland schreiben. Verstohlen schrieb sie mir ihren Namen mit Adresse auf ein abgerissenes Stück Papier und drückte mir den Zettel heimlich in die Hand. Sie erzählte, dass es ihnen verboten sei, mit Fremden zu korrespondieren.
Da ich die einzige Besucherin war, machten „Kayenta“ und ich uns auf den Weg, begleitet von ihrem Mischlingshund „Stovepipe“ (Ofenrohr). Vor dem Dorf verengt sich die First Mesa zu einem schmalen Grat, dahinter beginnt das uralte Hopi-Pueblo. Schmal wie ein Schiffsbug endet die First Mesa gleich hinter dem letzten Haus. Meine Begleiterin erzählte mir, dass es dort bis heute noch keinen Strom gibt. Man heizt und beleuchtet die Räume mit Propangas. Bis vor wenigen Jahren mussten die Bewohner das Wasser aus einer Quelle schöpfen, die tief unten in der Ebene liegt. Der Weg dorthin führte 400 m tief über Leitern und in den Fels geschlagene Stufen.
Am Ende des Dorfes standen wir auf einem schmalen Grat, rechts und links fiel der Fels steil ab. Stolz zeigte mir die junge Frau die Felder unten im Tal, auf denen Mais, Bohnen, Melonen und Pfirsiche angebaut wurden. „Dort ist unser Flugplatz“, sagte Kayenta, und deutete mit besonderem Stolz auf zwei kleine Sportmaschinen, die unten in der kargen Ebene standen. Im Tal lagen auch der Kindergarten und die Grundschule. Die Höhere Schule befand sich in Keams Cayon, der Hauptstadt.
Mehrmals begegneten wir Dorfbewohnern, die freundlich grüßten, und Kayenta hielt mit ihnen ein kleines Schwätzchen. Hier kannte man keine Eile. Sie unterhielten sich in der Hopisprache aus der uto-aztekischen Sprachfamilie. Darin kommen auch Schnalzlaute vor, ähnlich wie in der Sprache der afrikanischen Buschmänner. Kayenta erzählte jedem von meiner Vase, aber alle zuckten mit den Achseln. Meine Hoffnung, die Künstlerin kennenzulernen, sank immer mehr.
Am Ende unseres Rundganges wollte ich Kayenta ein Trinkgeld geben, sie nahm es jedoch nicht an. Sie sagte, ihr Lohn sei mein Interesse an ihrem Dorf.
Kurz bevor ich wieder zu unserem Camper zurückkam, sprach mich eine alte Hopi-Frau an. Auch ihr erzählte ich von meiner Vase, dabei fiel mir ein, dass ich immer einen falschen Namen genannt hatte. Ich erfuhr, dass die Künstlerin vor vier Jahren an Krebs gestorben war. Sie deutete auf ein Haus, in dem eine Cousine der Verstorbenen wohnte. Nachdem ich angeklopft hatte, ging ich hinein. Am Tisch saß eine alte Frau und ein sehr kleiner, alter Mann, der mehr einem Afrikaner als einem Indianer glich. Er hatte sehr kurzes, schneeweißes Haar und blaue Augen. Auch ihnen erzählte ich die Geschichte von meiner Vase. Die Frau freute sich sehr und staunte darüber, dass ich in San Francisco eine Vase ihrer Cousine gekauft hatte. Sie sagte, „Pearl“ wäre sehr stolz darüber, wenn sie noch lebte.
Mein Sohn hatte mir 45 Minuten „Ausgang“ gegeben, wenn ich dann nicht wieder zurück wäre, müsste er davon ausgehen, dass mir bei den Indianern etwas zugestoßen sei. Er war sichtlich erleichtert, als ich wieder auftauchte. Für mich war die letzte Stunde ein unvergessliches Erlebnis, welches mich noch sehr lange beschäftigte. Zu der damaligen Zeit fanden noch sehr wenige Touristen den Weg zu den Hopi Indianern. Sie schreckten wohl vor deren strengen Auflagen zurück.
4 comments
Hartmut Wesser said:
Ein sehr interessanter Bericht. Habe ihn aufmerksam gelesen. Einfach toll!!
Gruß Hartmut
Uli F. said:
ich freue mich sehr über Dein Interesse. Mein Besuch bei den Hopi-Indianern war wirklich ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.
Herzlichen Dank und viele Grüße
LutzP said:
Uli F. said: